„We build a strong relationship among us“

Nachdem wir im letzten Herbst zwei unvergesslich schöne und aufregende Wochen in Tansania verbracht hatten, durften wir nun endlich unseren Gegenbesuch empfangen. Am 4. Juni 2024 haben wir voller Vorfreude acht Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerinnen am Hamburger Flughafen willkommen geheißen. Aufgrund des Corona-Lockdowns ist der Austausch mehrmals ausgefallen, daher war die Freude umso größer, dass die Reise dieses Jahr endlich stattfinden konnte.

Als wir uns vor etwas mehr als einem Jahr für den Austausch beworben haben, ahnten wir nicht, welche Erfahrungen auf uns zukommen würden. Natürlich wollten wir ein neues Land entdecken, neue Menschen kennenlernen und einen tiefen Einblick in eine völlig andere Kultur gewinnen. Darüber hinaus sahen wir die Möglichkeit, uns persönlich weiterzuentwickeln, indem wir uns mit einer neuen Gruppe in einem unbekannten Umfeld auseinandersetzten und viele neue Erfahrungen sammelten. Daher freuen wir uns sehr, dass wir an diesem besonderen Projekt mitwirken dürfen.

Das Überthema für den Austausch war Resilienz und Krisenbewältigung – ein Thema, das uns alle betrifft, unabhängig von unserer Herkunft, unseren persönlichen Hintergründen oder Kulturen. Es war faszinierend zu beobachten, wie unterschiedlich wir mit schwierigen Situationen umgehen und welche Krisen wir jeweils ganz persönlich bewältigen müssen. Dabei sprachen wir sowohl über globale Krisen wie die Corona-Pandemie und den Klimawandel als auch über persönliche Probleme und deren Bewältigung. Besonders beeindruckend war, wie viele Gemeinsamkeiten wir Deutschen mit den tansanischen Gästen haben, trotz unserer unterschiedlichen kulturellen Hintergründe. Zum Beispiel ist der Austausch mit Familie und Freunden für uns alle ein zentraler Baustein bei der Bewältigung von Krisen. Im Rahmen unseres Austausches zum Thema Resilienz hatten wir die Gelegenheit, mit dem NDR-Moderator und Autor Claas Christophersen zu sprechen. Er erzählte uns von seinem Podcast über Resilienz und wie Menschen aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Herausforderungen umgehen müssen.

Nach den zahlreichen wunderbaren Momenten, die wir aus Tansania mitgebracht haben, möchten wir unseren tansanischen Freunden auch hier in Hamburg einen möglichst schönen und ereignisreichen Aufenthalt ermöglichen. Gemeinsam haben wir Berlin besucht und die Insel Rügen erkundet. Die tansanischen Schülerinnen und Schüler wohnten bei uns in den Familien und erhielten so einen Einblick in unseren Alltag. Auch für uns war es „eine ganz neue Erfahrung, eine Person aus einem ganz anderen Kulturkreis bei sich zu haben“, berichtete eine Gastfamilie. Sie fügte hinzu, dass „Lachen über alle Grenzen hinweghilft“. Es gab jedoch auch Herausforderungen, besonders in Bezug auf die Kommunikation und das Essen. „Beim Essen konnte man große Unterschiede feststellen“. Eine weitere Schwierigkeit war das Zeitmanagement. In Deutschland sind wir es gewohnt, dass alles nach Plan verläuft und man pünktlich um 7.30 Uhr bereit ist, loszugehen. Unsere tansanischen Gäste waren hingegen etwas entspannter, was manchmal zu Verzögerungen führte. Sie machten uns darauf aufmerksam, dass wir Deutschen uns oft zu sehr stressen. Dennoch haben sich unsere Gäste sehr wohl bei uns gefühlt. Sie sagten: „They welcomed us very warmly on our arrival day as we ate dinner together as a family“.

Gemeinsam Zeit zu verbringen, schweißt eine Gruppe zusammen. „We build a strong relationship among us.“ Unsere Fahrt nach Berlin, wo wir die Kuppel des Bundestags besuchten und bei einer Plenarsitzung zuhören durften, war ein besonderes Erlebnis. Den Abend ließen wir entspannt in einem Beachclub an der Spree ausklingen. Bei diesem Ausflug standen vor allem Politik und Geschichte im Vordergrund, auch wir Deutschen haben viel an diesem Tag dazu gelernt. Unter anderem stand die kommende Europawahl im Fokus, an der viele von uns das erste Mal teilnehmen durften. Auch der Rechtsruck und die unterschiedlichen politischen Systeme waren Thema, sodass alle von diesem besonderen Ausflug nach Berlin viel mitnehmen konnten. Ein weiteres Highlight war das gemeinsame Wochenende auf Rügen. „It was a really exciting journey“, sagten unsere Gäste, „We stayed in Binz at the youth hostel and visited various places“. Wir haben zusammen viele schöne Erinnerungen geschaffen und unseren Gruppenzusammenhalt gestärkt. Ob beim Volleyballspielen, dem Schauen des EM-Eröffnungsspiels oder beim gemeinsamen Baden – in diesen Momenten wurde das Eis gebrochen, und es spielte keine Rolle mehr, woher man kam. Wir waren einfach eine Gruppe, die gemeinsam schöne Erinnerungen schuf. Genau diese Momente machen einen Austausch so wertvoll, denn wann sonst hat man die Gelegenheit, mit Schülerinnen und Schülern aus einem anderen Land so viele besondere Erlebnisse zu teilen? Neben den zahlreichen Freizeitaktivitäten besuchten wir auch gemeinsam das Ostseebad Prora und den Nationalpark Jasmund und zeigten unseren Austauschgästen so ein Stück unserer Geschichte und die wunderschöne Natur Deutschlands.

Der Austausch war ein Erlebnis, das wir so schnell nicht vergessen werden. Solch eine Chance, einen Einblick in die Kultur auf einem ganz anderen Fleck Erde zu erhalten, solltet ihr auf jeden Fall wahrnehmen. In solch einem Austausch bekommt man wirklich mit, wie die Menschen dort leben und genau darin liegt für uns auch der klare Unterschied zu einem privaten Urlaub in einem schönen Hotel auf Sansibar.

Wir konnten die verschiedenen Perspektiven und Blickwinkel auf die verschiedensten Ereignisse der Welt wahrnehmen, Freundschaften schließen, Spaß haben, tanzen und lachen, die großen Krisen der Welt diskutieren und Unterschiede in den Verhaltenskonventionen feststellen. In Tansania ist es üblich, Menschen, die älter als man selbst sind, den Platz im Bus ohne Frage freizumachen. Bei uns fragt man und könnte als Antwort auch ein „Sehe ich so alt aus?“ bekommen. Aber was sind weitere Kulturunterschiede, die uns aufgefallen sind?

Nun ja, unseren Erlebnissen in Tansania und unseren Gästen zufolge, wird jeder gegrüßt, an dem man auf der Straße vorbeiläuft, egal ob man sich kennt oder nicht. Hier „lebt jeder in seiner eigenen Welt“. Egal mit wem man gesprochen hat, es herrschte die ganze Zeit ein so positiver Spirit; es ist schwer zu beschreiben, aber die Leute hatten im Vergleich zu den Deutschen einfach immer viel bessere Laune. Als wir beispielsweise bei unseren Homestays in einem öffentlichen Bus saßen, spielte der Busfahrer einen Song sechsmal hintereinander. Die Stimmung war die ganze Zeit richtig gut, die Leute haben geklatscht und getanzt. In Tansania haben die Jugendlichen alle ein spezielles Talent anstatt eines Hobbys. Tanzen, singen oder Fashion – jeder kann irgendetwas. Aber vor allem Dinge, Stimmung machen. Noch nie wurde so oft getanzt und gesungen. Es gab nie so etwas wie ein Schamgefühl; die Leute waren in Tansania einfach entspannter und es herrschte nie ein „jeder guckt auf jeden“-Klima.

Obwohl es in Tansania anscheinend ein Fashion-Trend ist, Uhren zu tragen (also wirklich jeder trägt Uhren) nehmen es die Tansanierinnen und Tansanier, wie bereits erwähnt, mit der Pünktlichkeit nicht so genau. Was sie jedoch sehr genau nehmen, ist der Respekt innerhalb der Familie. Die Väter und Mütter werden zuerst immer mit einem Titel: Shikamoo Baba/Mama angeredet und es wird (anders als in Deutschland) auf jeden Befehl gehört.

Insgesamt haben wir gemeinsam fast drei schöne Wochen verbracht. Für uns können wir definitiv sagen, dass wir Einiges aus dieser Zeit mitgenommen haben! Wir können nun selbstbewusster auf fremde Menschen und uns unbekannte Kulturen zugehen, Dinge so nehmen, wie sie kommen, und wissen nun, dass man trotz kleinerer und größerer Unterschiede gemeinsam eine gute Zeit haben kann. Außerdem hat sowohl der Besuch in Tansania als auch der Gegenbesuch unseren Blick definitiv geweitet. Wenn wir die Nachrichten schauen, über aktuelle Krisen unserer Zeit nachdenken und diskutieren und, wenn das Gespräch auf Tansania kommt, haben wir nun mehr Verständnis für die Art zu leben, die Kultur und die Menschen, ohne jetzt von einem Erlebnis auf alle schließen zu wollen. Uns selbst hat der Austausch in unserem Denken und Handeln sehr vorangebracht, lasst uns diese Positivität, Gelassenheit und Freude über das, was ist, weitertragen! Darum würden wir diesen Austausch auf jeden Fall weiterempfehlen! Bekanntermaßen ist es wichtig, „ein besseres Verständnis für die Situation anderer Menschen in dieser Welt zu bekommen“. Jedoch geht es nicht nur darum, einen allgemeinen Einblick in eine andere Kultur zu bekommen, sondern vielleicht auch „eine Freundschaft zu finden, die länger hält als ein kurzer Besuch“.

Garth, Madeleine, Linda, Flora, Paul

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